Das Amtsgericht (AG) Frankfurt am Main hat entschieden: Storniert ein Kunde vor Reiseantritt eine Reise zu einem Zeitpunkt, zu dem zwar noch keine Reisewarnung des Auswärtigen Amts, aber bereits eine gewisse Wahrscheinlichkeit für eine gesundheitsgefährdende Ausbreitung des Corona-Virus vorliegt, ist der Reiseveranstalter zur Rückzahlung des vollen Reisepreises verpflichtet.
Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: Eine im Mai 2019 gebuchte Reise auf die italienische Insel Ischia im Golf von Neapel, die im April 2020 stattfinden sollte, wurde vom Kläger Anfang März 2020 storniert zu einem Zeitpunkt, zu dem (noch) keine offizielle Reisewarnung durch das Auswärtige Amt ausgesprochen war.
Der Reiseveranstalter verlangte anteilige Stornierungskosten nach seinen Geschäftsbedingungen. Der Kläger argumentierte hiergegen, dass die Corona-Pandemie einen unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umstand darstelle, der zu einer vollständigen Reisepreiserstattung führt. Für das Gericht kam es auf das Vorliegen der offiziellen Reisewarnung zum Zeitpunkt der Stornierung jedoch nicht an. An den Nachweis der außergewöhnlichen Umstände zum Rücktrittszeitpunkt sind keine allzu strengen Anforderungen zu stellen, um den Reisenden nicht zu überfordern. Es genügt bereits eine gewisse Wahrscheinlichkeit für das gesundheitsgefährdende Ereignis, hier der Ausbreitung des Corona-Virus. Diese Wahrscheinlichkeit habe zum Stornierungszeitpunkt der Reise für das Reiseziel vorgelegen. Das Gericht macht jedoch ausdrücklich darauf aufmerksam, dass es entgegen einer schematischen Betrachtung auf jeden konkreten Einzelfall ankommt.
Quelle | AG Frankfurt am Main, Urteil vom 17.7.2020, 32 C 2136/20 (18), Abruf-Nr. 217473 unter www.iww.de.