Gerät ein Schiff während einer Pauschalreise in Seenot, haben die Reisenden Anspruch auf Schmerzensgeld und Reisepreisminderung. Voraussetzung ist, dass der Reiseveranstalter die Gefahrensituation zu vertreten hat.
Das folgt aus einer Entscheidung des Landgerichts (LG) Köln im Fall eines Ehepaars, das bei dem beklagten Reiseveranstalter eine 12-tägige Pauschalreise auf die Malediven gebucht hatte. Rund 4.500 EUR gaben sie hierfür aus. Die Rückreise von der Ferieninsel zum Flughafen sollte mit einem Fährboot erfolgen. Dieses geriet in Seenot. Der Ehemann schilderte im Rahmen des Verfahrens eine äußerst dramatische Fährfahrt. Das bereits wegen schlechten Wetters verspätete Fährboot habe trotz einer Sturmwarnung und des Umstands, dass der Rückflug ohnehin nicht mehr habe erreicht werden können, abgelegt. Das Boot habe wegen des nach wenigen Minuten einsetzenden Unwetters Schlagseite erlitten. Große Wellen seien über das Boot gerauscht und das gesamte Gepäck sei durchnässt worden. Die Schiffsmotoren und das Navigationssystem seien ausgefallen. Das Schiff habe manövrierunfähig auf dem Meer getrieben und der Kapitän habe einen Notruf abgesetzt. Die Passagiere seien aufgefordert worden, Schwimmwesten anzulegen. Zahlreiche Mitreisende hätten sich übergeben müssen. Das reisende Ehepaar habe Todesängste ausgestanden, zumal ein sich näherndes Boot der Küstenwache gegen das Fährboot gekracht sei. Erst ein Schiff der Marine habe das Fährboot abschleppen und an Land verbringen können.
Neben dem Reisepreis verlangte der Ehemann für sich und seine Ehefrau, die seitdem wegen einer posttraumatischen Behandlungsstörung in stationärer und ambulanter psychiatrischer Behandlung sei, 2.000 bzw. 2.500 EUR Schmerzensgeld. Der beklagte Reiseveranstalter lehnte dies mit der Begründung ab, es handele sich um höhere Gewalt. Zum Zeitpunkt des Ablegens habe nur eine Wetterwarnung auf niedrigster Stufe vorgelegen. Zudem habe es sich bei dem eingesetzten Fährboot um ein hochmodernes Schiff mit einer erfahrenen Crew gehandelt. Todesgefahr habe zu keinem Zeitpunkt bestanden.
Das LG sah indes die Reise als mangelhaft an. Die Eheleute seien auf der Rückreise in eine nicht beherrschbare Gefahrensituation gebracht worden, die der Reiseveranstalter auch zu vertreten habe. Die insoweit gegen ihn sprechende Verschuldensvermutung habe er nicht widerlegt. Insbesondere erschließe sich der Kammer nicht, aus welchem Grund die Reisenden in das Fährboot geschickt wurden und nicht etwa die Rückreise verschoben oder zumindest eine qualifizierte Wettervorhersage eingeholt wurde, bevor über den Transport per Boot entschieden wurde. Eine Erklärung darüber, welche Maßnahmen der beklagte Reiseveranstalter getroffen haben will, um die Reisenden auf dem Transport zum Flughafen keinen vermeidbaren Gesundheitsgefahren auszusetzen, sei dieser schuldig geblieben. Sein Verschulden liege dabei nicht in der Auswahl des Bootsunternehmens, sondern in dem Umstand, dass trotz schon im Zeitpunkt des Ablegens erkennbar widrigster Witterungsverhältnisse der Transport nicht abgebrochen wurde.
Die mangelbehaftete Rückreise wirke so erheblich, dass sie den Erholungswert des gesamten Urlaubs entfallen ließe. Daher sei der gesamte Reisepreis zu erstatten. Dem Kläger selbst billigte das LG ein Schmerzensgeld von 500 EUR zu, der Ehefrau wegen der aus dem traumatischen Erlebnis folgenden psychischen Schäden sogar 5.500 EUR.
Quelle | LG Köln, Urteil vom 15.1.2019, 3 O 305/17, Abruf-Nr. 208072 unter www.iww.de.