Ob eine Autismustherapie für ein Schulkind vom Einkommen und Vermögen der Eltern abhängt, war lange Zeit umstritten. Nun hat das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen die Rechtsfrage im Sinne der Betroffenen beantwortet.
Zugrunde lag der Fall eines damals achtjährigen Mädchens, das an frühkindlichem Autismus und einer Verhaltensstörung leidet. Das Kind besuchte eine Inklusionsklasse an einer Bremer Grundschule, wo es eine 1:1 Betreuung erhielt. Das Bremer Sozialamt lehnte eine zusätzliche Autismustherapie aus Sozialhilfemitteln ab. Nach dortiger Ansicht handele es sich um keine kostenprivilegierte Leistung. Für die Therapie seien die Eltern selbst verantwortlich, da sie über ausreichend finanzielle Mittel verfügten. Ferner bestehe eine interne Weisungslage, wonach für die Schule keine zusätzliche Unterstützung durch das Autismustherapiezentrum gewährt werden solle.
Die Eltern hielten die Therapie für erforderlich und wurden dabei von der Klassenlehrerin und den behandelnden Ärzten unterstützt. Auch wenn dabei insbesondere soziale und lebenspraktische Fähigkeiten vermittelt würden, so fördere dies auch das schulische Lernen. Wegen der ungeklärten Kostenfrage nahmen die Eltern zunächst nur eine kürzere Therapie für ihr Kind in Anspruch, für die sie rund 7.400 EUR aus eigenen Mitteln verauslagten.
Das LSG hat das Sozialamt verurteilt, die Kosten zu erstatten. Die Leistung sei als „Hilfe zur angemessenen Schulbildung“ anzusehen und damit kostenprivilegiert. Im Gegensatz dazu stehe die einkommensabhängige „Leistung zur Teilhabe im Leben in der Gemeinschaft“. Eine Autismustherapie fördere die Aufmerksamkeit und Konzentration, sowie die kommunikativen und sozialen Fähigkeiten. Sie trage zu einem erfolgreichen Schulbesuch bei, da sie die Vermittlung von Unterrichtsinhalten, Sprachverständnis und Sozialverhalten verbessern könne. Es sei nicht erforderlich, dass die Maßnahme allein auf den Schulbesuch ausgerichtet sei. Es reiche schon aus, wenn er auch nur erleichtert werde. Auf die interne Weisungslage der Behörde komme es nicht an.
Quelle | LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 28.11.2019, L 8 SO 240/18, Abruf-Nr. 213520 unterwww.iww.de.