Besteht der dringende Verdacht, dass der Pförtner einer Polizeidienststelle eine Fundsache unterschlagen hat, kann ihm fristlos gekündigt werden.
Das folgt aus einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Düsseldorf im Fall eines Mannes, der seit 1987 bei dem beklagten Land beschäftigt war. Zuletzt war er auf der Pförtnerstelle einer Polizeidienststelle eingesetzt. Am 22.12.2017 wurde ihm während seines Dienstes von einer ihm nicht bekannten Frau mitgeteilt, dass diese einen 100-Euro-Schein gefunden habe. Ob er den Geldschein angenommen hat, ist zwischen den Parteien streitig. Ein Eingang ist weder in den Asservatenschränken noch im Vorgangsbearbeitungssystem vermerkt. Am gleichen Tag um 12.52 Uhr wandte sich die Finderin mit einer E-Mail an die Poststelle des beklagten Landes. Sie teilte darin mit, dass sie einen 100-Euroschein gefunden und diesen an der Pforte der Polizeidienststelle abgegeben habe. Sie habe keine Angaben zum Fundort und zu ihren Personalien machen müssen. Da ihr dieses Verfahren seltsam vorkam, wollte sie wissen, was denn nun mit dem Geld passiert.
Gegen den Arbeitnehmer wurde daraufhin ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen Unterschlagung eingeleitet, in dem er sich zur Sache nicht äußerte. Bei einer anschließenden Wahllichtbildvorlage, zu der auch ein Bild des Mannes gehörte, sah die Finderin eine Ähnlichkeit zu der Person, der sie den 100-Euroschein anvertraut habe. Der Arbeitgeber hörte den Arbeitnehmer zu dem Verdacht der Unterschlagung an. Der Arbeitnehmer bestritt in seiner Stellungnahme, den Geldschein entgegengenommen zu haben. Nach Beteiligung des Personalrats kündigte das beklagte Land das Arbeitsverhältnis fristlos. Der Arbeitnehmer behauptet, er habe den 100-Euroschein nicht angenommen. Vielmehr habe er der Finderin mitgeteilt, dass er nicht befugt sei, diesen anzunehmen und sie an eine andere, zuständige Dienststelle verwiesen.
Die Kündigungsschutzklage hatte auch vor dem LAG keinen Erfolg. Nach Vernehmung der Finderin, einer Architektin, ist die Kammer der Überzeugung, dass diese am 22.12.2017 bei ihren Erledigungen in der Stadt vor Weihnachten an der Ecke Herzogstraße/Friedrichstraße einen 100-Euro-Schein gefunden hat und der dringende Tatverdacht besteht, dass sie diesen bei dem Arbeitnehmer abgegeben hat. Für die Version des Arbeitnehmers spricht kein plausibler Grund. Wenn die Finderin den 100-Euro-Schein wieder mitgenommen hätte, war kein Motiv ersichtlich, warum sie sich mit der E-Mail an die Polizei gewandt und den Kläger nachfolgend im inzwischen rechtskräftig abgeschlossenen Strafverfahren und auch in der Vernehmung vor dem LAG belastet hat. Der für die ausgesprochene Verdachtskündigung erforderliche dringende Tatverdacht der Unterschlagung der gefundenen 100-Euro ist gegeben. Dies rechtfertigte auch in Ansehung der langen Beschäftigungsdauer die fristlose Kündigung. Das LAG hat die Revision nicht zugelassen.
Quelle | LAG Düsseldorf, Urteil vom 28.6.2019, 6 Sa 994/18, Abruf-Nr. 210605 unter www.iww.de.